Bei der Motormühle in Lechtingen handelt es sich um eine typische Rückschüttmühle. Kleinen Mühlen wurde es so ermöglicht, mit diesem Verfahren das Getreide auch in mehreren Stufen zu vermahlen. Dabei ist es erforderlich, die Zwischenprodukte, wie Schrot, Gries und Dunst zwischen zu lagern, bis zur nächsten Mahlung. Um dies möglich zu machen, sind die Vorratsbehälter über den beiden Walzenstühlen geteilt. Aus einer Hälfte des Behälters wurde gemahlen und die anfallenden Siebübergänge laufen in die zweite Hälfte des Behälters. Ist der erste Behälter leer gemahlen, werden Klappen unter dem Plansichter umgelegt, der Handschieber am Auslauf der ersten geleerten Hälfte wird geschlossen und der Schieber von der anderen Hälfte des Vorratsbehälters wird geöffnet. Nun wird das Mahlgut aus dem zweiten Behälterteil gemahlen. Die ausgesiebten Anteile vom Sichter laufen jetzt in den ersten Teil des Behälters. Dieses Wechselspiel wiederholt sich, bis die gewünschte Mehlmenge und Mehlqualität erreicht ist.
Die Motormühle in Lechtingen wurde bis 1970 noch gewerblich genutzt. Zuletzt zwar nur als Futtermittelhandel, aber alle Maschinen haben die Zeit des großen Mühlensterbens und auch der Mühlenstilllegungsprämien überstanden. Somit haben wir in Lechtingen eine mit allen erforderlichen Maschinen ausgestattete Mühle.
Damit wir uns selber einen Überblick verschaffen konnten über die vorhandenen Maschinen und auch um die Zusammenhänge leichter verständlich zu machen, haben wir uns von dem Müllerei- und Mühlenbautechniker Rüdiger Hagen ein Diagramm anfertigen lassen.
Annahme und Reinigung
Aspirateur
Rechts auf dem Diagramm ist der Annahme-Trichter zu erkennen. Über den Annahme-Elevator wird das Getreide zuerst zum Aspirateur befördert. Der Aspirateur ist die erste Stufe der Reinigungsmaschinen in einer Mühle. Mit dieser Maschine werden Verunreinigungen im Getreide, die größer, kleiner und leichter wie das Getreide sind aussortiert. Über einen eingebauten Lüfter werden die Leichtteile aus dem Reinigungsgut abgesaugt und zu einem nebenstehenden Schlauchfilter geleitet.
Der Aspirateur in Lechtingen stammt von der Firma Mühlenbau Heitling, Melle.
Trieur
Nach dem Aspirateur wird das Getreide im zweiten Reinigungsschritt dem Trieur zugeführt. In Lechtingen hängt der Trieur unter der Decke im Erdgeschoss. In dieser Maschine werden aus dem Getreide kleine Bestandteile wie Unkrautsamen (z. B. Wicken) aber auch Bruchkorn aussortiert. Das gereinigte Getreide kann anschließend entweder abgesackt werden oder es wird auf die nachfolgende Schälmaschine geführt.
Hersteller des Lechtinger Trieurs ist Firma MVK Köln (Ultra).
Schälmaschine
Roggen wurde früher vor der Vermahlung leicht angeschält, um ein helleres Mehl zu erhalten. Dazu wurde auch die in Lechtingen vorhandene Maschine genutzt. Der Zulauf kommt vom Trieur. Die abgeschälten Schalenteile werden mit einem Lüfter, der sich im Kopfraum der Schälmaschine befindet abgesaugt und in einen neben der Maschine hängenden Schlauchfilter geblasen. Nach dem Schälen wird das Getreide über einen Elevator direkt auf den 1. Mahlgang, dem 1. Schrot geführt.
Hersteller unserer Maschine ist die Fa. Führmeyer & Witte, Mönkehof/Kassel.
Sämtliche Reingungsmaschinen werden von einem eigenen Elektromotor angetrieben und sind nicht mit der übrigen Transmission verbunden.
Mehlmühle
Schrotgang 1
Dieser Mahlgang wird separat angetrieben von einen Elektromotor über Keilriemenantrieb und einem Ölbadgetriebe. Der Mahlgang kann sowohl als Einzelmaschine, zur Herstellung von Schrot, als auch zur Vorzerkleinerung für die Mehlmühle eingesetzt werden.
Der Elektromotor stammt von der Fa. Heemal, 7,4 KW.
Das Getriebe stammt von der Fa. Ernst Heitling, Melle.
Walzenstuhl
Bei diesem Walzenstuhl handelt es sich um einen Walzenstuhl vom Fabrikat Heitling Melle (Modell MIAG Braunschweig) mit 2 Walzen: 300 mm Durchmesser, Walzenlänge 500 mm. Der Walzenstuhl ist durch die lange Zeit des Stillstands etwas mitgenommen. Im Rahmen der Restaurierung der gesamten Motormühle soll auch dieser Walzenstuhl wieder gängig gemacht werden.
Walzenstuhl/Ausmahlmaschine
Dieser Walzenstuhl ist kombiniert mit einer Ausmahlmaschine. Feine Siebübergänge (Feingrieß und Dunst) vom Plansichter, die von den Walzen nicht ausreichend zerkleinert werden, laufen durch, auf das Ausmahlteil und erhalten dort die Feinheit von Mehl.
Dieser Walzenstuhl stammt von der Fa. Liebeck, Kassel-Wilhelmshöhe
2 Walzen: 220 mm Durchmesser, 500 mm Walzenlänge.
Plansichter
Es handelt sich um einen 2-teiligen Plansichter, der mit 8 Sieben pro Siebabteil ausgerüstet ist. Der Sichter ist mit Seilen an der Dachkonstruktion aufgehängt. Durch einen Kurbelwellenantrieb mit Wurfgewichten zwischen den beiden Siebkästen wird der Sichter in eine kreisende Bewegung versetzt, die der Bewegung eines Handsiebes entspricht. Die Maschine teilt das Siebgut in einem Arbeitsgang in 4 Fraktionen:
- grober Siebübergang = Schrot und Kleie
- mittlerer Siebübergang = grober Gries
- feiner Siebübergang = Feingries oder Dunst
- Siebdurchfall = Mehl
In den Kästen unterhalb de Auslaufschläuche befinden sich Klappen, die von Hand verstellt werden. Hiermit kann man den Weg, den das Sichterprodukt innerhalb der Vermahlung nehmen soll, bestimmen.
Mehl-Mischmaschine
Das anfallende Mehl wird in einer Mehlmischmaschine gesammelt und gemischt. Durch die schrittweise Vermahlung fällt in jedem Vermahlungsschritt Mehl von unterschiedlicher Güte an, was ein Mischen der gesamten Partie erforderlich macht. Bei der in Lechtingen vorhandenen Maschine handelt es sich um eine stehende Schneckenmischmaschine.
Fabrikat: Ernst Heitling, Melle
Nutzvolumen: 1400 ltr. = 700 Kg Mehl
Schrotmühle
Futterschrotgang
Der Futterschrotgang ist unabhängig von der Mehlmühle zu betreiben. Der Antrieb erfolgt über ein Vorgelege im Keller vom Diesel- bzw. Elektromotor. Dieser Schrotgang wurde entweder direkt über den Trichter beschickt oder über ein Rohr aus dem Obergeschoss. Über einen kleinen Elevator wird das Schrot vom Keller wieder in das Erdgeschoss befördert und kann dann über zwei Sackstutzen abgesackt werden.
Einzelmaschinen
Hammermühle
Im Anbau der Motormühle steht eine Hammermühle aus den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Das Mühlengehäuse ist aus Gussstahl gefertigt, die feststehenden Schläger bestehen vermutlich aus gehärtetem Stahl. Die Mühle hat im oberen Teil ein Lochblech, mit dem die Feinheit des Mahlguts festgelegt wird. Das Mahlgut wird in Säcken von der Bühne oberhalb der Mühle in einen Trichter aus Holz geschüttet.
Hersteller: Maschinenfabrik Cramer, Leer/Ostfriesland
eingebaut wurde die Mühle von Firma Heitling in Melle vor 1940.
Quetschstuhl/Haferquetsche
Dieser Quetschstuhl wurde vermutlich zum Quetschen von Hafer für Pferdefutter eingesetzt. Das Produkt wird von der Bühne in den Trichter aus Stahlblech geschüttet. Im Einlauf der Maschine befindet sich eine Speisewalze mit Schieber. Hiermit wird das Mahlgut auf die nachfolgenden Walzen geführt. Das Walzenpaar ist parallel, waagerecht angeordnet. Zwischen den Walzen werden die Körner zu Plättchen gedrückt und verlassen die Maschine über einen Sammeltrichter unter dem ein Sack gehängt wird.
Hersteller: Firma Hans Bauerfeind, Bremen
Stille (DR Patent) von 1940
Saatgut-Reiniger
Dieser Saatgut-Reiniger besteht aus drei Einzelmaschinen, einem Steigsichter einschließlich Gebläse am Einlauf, einem Schwingsieb mit zwei Siebdecks und einem Trieur am Auslauf. Das Saatgut wird in einem Trichter von der Bühne eingeschüttet. Mit dem Steigsichter werden leichte Teile, wie Staub und Stroh aussortiert, nach unten fallen schwere Teile wie Sand und Steine heraus. Das Saatgut (Getreide) wird mit dem Luftstrom auf das Schwingsieb überhoben. Hier werden größere und kleinere Verunreinigungen aussortiert. In dem nachfolgenden Trieur werden dann noch weitere Verunreinigungen aussortiert.
Hersteller: Gebr. Föber Wutha/Thüringen
Typ Petkus-Reiniger Tpy 10
Der Saatgutreiniger wird von einem separaten Elektromotor über einen Treibriemen angetrieben.